«Gleistribüne» Wohn- und Geschäftshäuser Zollstrasse-Ost
Esch Sintzel Architekten
Verbindende Schwellen
Wie der brachliegende Rand von Gleisfeldern in attraktiven Wohnraum verwandelt werden kann, zeigt sich eindrucksvoll am Züricher Hauptbahnhof. Durch die drei Wohn- und Geschäftshäuser der Gleistribüne wird das ehemals ignorierte Areal privilegiert.
Wo die Stadt an die Gleisfelder, ihre inneren Ränder, stößt, wendet sie den Gleisen den Rücken zu. Diese Haltung umzukehren, war das Leitmotiv bei der Konzeption der Gleistribüne.
Wie aus einem Felsen gehauen präsentieren sich die Wohn- und Geschäftshäuser Zollstrasse-Ost mit ihren plastischen Baukörpern und ihrer charakteristischen mineralischen Materialität entlang der Gleise der Stadt. Wer an einem so exponierten urbanen Ort Wohnungen baut, tut dies in der Überzeugung, dass das Miteinander von öffentlicher und privater Sphäre kein Nebeneinander voller Probleme, sondern eine Chance ist. Zur Vermittlung zwischen beiden Sphären dienen vielfältige verbindende Schwellen wie die einladende Kolonnade, die verschwiegenen Loggien oder die Plätze und Nischen im Schatten der Bäume, die sich durch die Auffächerung der Baukörper zum Gleisufer hin bilden. Dieser neue städtische Ort ist von der Öffentlichkeit sofort angeeignet worden und ist Tag und Nacht bevölkert. Die ehemalige Rückseite wird so zur Vorderseite.
Auf der zweiten Vorderseite, der Straßenseite, wird der Blockrand in großen Zügen weitergebaut. Zwar passen sich die Baukörper auf der Straßenseite ruhig in das Stadtgefüge ein, doch weiß sich das Projekt, wie schon manch andere besondere Wohngebäude, durch seine Backsteinfassade von den üblichen Putzfassaden im Quartier abzuheben. Inspiriert von der robusten Kraft alter Industriebauten, werden die neuen Häuser im Erdgeschoss von stämmigen Pfeilern aus Mauerwerk gefasst sowie getragen und so in angemessener Weise an diesem städtischen Ort im Stadtgefüge verankert.
Auch in den Grundrissen wird die Differenzierung zwischen Gleis- und Straßenseite deutlich: Entlang der Zollstrasse sind die Zimmer streng aufgereiht, auf der Gleisseite werden sie dagegen von der Bewegung des Baukörpers erfasst und zunehmend freier in Form und Ausrichtung. Die Räume der Gemeinschaft werden statt als großer, undeterminierter Allraum als Gemeinschaft von Räumen mit jeweils eigener Identität interpretiert. Das Wohnungsangebot ist breit, aber geprägt von haushälterischen Größen. Die Mieten liegen deutlich unter denen der Europaallee auf der anderen Seite des Gleisufers.
Esch Sintzel Architekten