Corner House
31/44 Architects

Unaufdringliche Subversion
Die Vorgabe des Bauherrn bestand darin, mit einem an eine bestehende Immobilie angrenzenden Neubau eine Reihenhauszeile zu vervollständigen. 31/44 wurden zudem beauftragt, das angrenzende Bestandsgebäude zu erweitern und zu sanieren, um eine Maisonette-Wohnung mit zwei Schlafzimmern sowie ein Zweizimmer-Apartment zu schaffen.
Das Corner House orientiert sich am Muster der bestehenden viktorianischen Häuserreihe in Süd-London und greift typologische Elemente der angrenzenden Gebäude auf. Dadurch korrigiert es die bislang unregelmäßige Anordnung, während es gleichzeitig keine Gefahr läuft, die Linien des etablierten Baustils zu überschreiten. Das Design knüpft bewusst an die vertrauten Qualitäten der Umgebung an. Bei genauerer Betrachtung und durch die detaillierte Gestaltung wird jedoch eine subtile, fast subversive Distanz sichtbar. Die Gesimslinie wird über das neue Gebäude hinweg fortgesetzt, dabei jedoch unterbrochen und gestuft – ein Element, das sowohl die Verbindung mit den Nachbarhäusern herstellt als auch eine klare Eigenständigkeit betont. Die reduziertere Variante der aufwendig gestalteten Eingangsbereiche der bestehenden Häuser erscheint zunächst konventionell. Erst auf den zweiten Blick wird deutlich, dass der Zugang zum neuen Gebäude auf einer tieferen Ebene liegt, die vermeintliche Tür im Hochparterre ein Fenster ist und das Vordach über dem Eingang als Teil der Treppe wirkt. Jede kleine Abweichung verstärkt den Eindruck eines unaufdringlich subversiven Bauwerks für den beiläufigen Passanten.
Die Seitenfassade wurde bewusst markant gestaltet, da sie an eine historische „Show-Straße“ eines viktorianischen Bauunternehmers mit unterschiedlichen Hausstilen angrenzt. Eine geschwungene Ecke lässt das Haus schlanker erscheinen und nimmt Bezug auf das ehemalige Pub auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Gleichzeitig kombinieren sich blinde und echte Fenster zu einer Fassade, die die Sprache historischer und zeitgenössischer Architektur gleichermaßen ausbalanciert.
Die Materialwahl orientierte sich an der Umgebung, während die spezifischen Produkte und Oberflächen das gewünschte, zurückhaltend zeitgenössische Gebäude definieren. Ein hellgrauer Wasserstrichbackstein wurde gewählt, da seine Textur und Farbigkeit mit dem gealterten Backstein der benachbarten Häuser harmoniert. Das Mörtelbett wurde farblich an den Backstein angepasst und bündig verfugt, sodass eine homogene Oberfläche entsteht. Dadurch wird der Fokus stärker auf die äußere Form des Gebäudes – mit seinen blinden Fenstern und der geschwungenen Ecke – als auf das Mauerwerk selbst gelenkt.
Das Mauerwerk wird durch vorgefertigte Betonelemente wie Abdeckungen, Fensterbänke und Paneele akzentuiert. Die Farbgebung sorgt dafür, dass diese Elemente sich deutlich vom Mauerwerk abheben – ähnlich wie die gestrichenen Steinbögen und Fensterbänke der bestehenden viktorianischen Häuserreihe. Gleichzeitig entspricht die Oberflächenstruktur der vorgefertigten Teile jener des vor Ort gegossenen Betons rund um den Eingangsbereich und die Gartenanlagen. Fenster- und Türrahmen sowie die hölzernen Lamellen des verglasten Rückanbaus im ersten Stock wurden in Schwarz gehalten, um einen starken Kontrast zum helleren Baukörper zu schaffen. Sie treten optisch zurück, verschwinden im Schatten und unterstreichen so die feine Plastizität des Haupthauses.
Das Gebäude schließt die bestehende Reihenhauszeile ab und schafft eine klarere und formellere Ecke zur Straßenflucht als bisher. Gleichzeitig entsteht ein charaktervolles Bauwerk, das nicht nur mit dem lokalen Kontext in Dialog tritt, sondern auch zeigt, dass es sich um ein Haus zeitgenössischer Architektur handelt.
31/44 Architects