PARADIES MIT NUTZFAKTOR
Johanna Köhnlein
Paradies mit Nutzfaktor
Die alte Scheune im Dorf Pries, ein Vorort der Stadt Kiel, gehört zum Grundstück meiner Großeltern. Sie wird als Winterlager für Geräte, Boote und Anhänger genutzt. Das Grundstück umfasst außerdem einen wunderbar großen Garten mit mehrere Teichen, zahlreichen Obstbäumen, Beerensträuchern und großen Grünflächen. Ich selbst bin in diesem Paradies aufgewachsen. Die Idee ist es, die Scheune zu einer Wirtschaftsvilla nach dem Beispiel von Andrea Palladios "Villa Fabrica" umzugestalten.
Der letzte Bauer in Dorf Pries gab 1988 die landwirtschaftliche Produktion auf. Das machte es endgültig zum reinen Wohndorf. Ursprünglich gab es 10 Bauernhöfe. Die Wandlung vollzog sich über 100 Jahre, nach dem 2. Weltkrieg ging sie rasant voran. Das Land wurde an Bauern in der Umgebung verpachtet. Es wurde viel saniert und geschliffen, einige neue Wohngebäude/- anlagen errichtet. Wie in vielen Dörfern hat sich hier einiges verändert. Das Leben auf dem Dorfplatz gibt es nicht mehr, ursprünglich waren hier die Schmiede, die Mühle, die Schule und das Wirtshaus. Heute ist der Dorfplatz zum Durchfahrtsort geworden.
Dennoch hat es sich das Dorf auf eine angenehme Art und Weise entwickelt und seinen Charakter behalten. Der Entwurf führt die Entwicklung auf diese Art weiter. Er leistet einen Beitrag zur Belebung des Dorfes und der Bewahrung alter Substanz und Struktur. Auf dem Grundstück befinden sich das ehemalige Wohnstallhaus, heute als Wohnhaus genutzt, in dem meine Großeltern leben und die Scheune, die heute als Winterlager für Schiffe, Anhänger und Geräte genutzt wird, aber größtenteils leer steht. Dazu gehört außerdem ein großes Stück Land mit einem kleinen „Wald“, den mein Großvater vor 20 Jahren gepflanzt hat, mehreren Teichen, in denen er Fische züchtet, zahlreichen Obstbäumen, Beerensträuchern und großen Grünflächen. Die Idee ist es, die Scheune zur Wirtschaftsvilla nach dem Beispiel der „Villa Fabrica“ von Andrea Palladio umzugestalten und so eine belebtes Pendant zum bestehenden Wohnhaus zu schaffen. Es wird private Räume für eine Familie mit mehreren Kindern und einen „Altenteil“ gebengleichzeitig Räume zum Wirtschaften, die die die Lagerung, Aufbereitung und den Verkauf von Produkten erlauben, die im Garten erwirtschaftet werden.
Die Wohnräume befinden sich im OG, der Produktionsablauf wird im EG durch das Haus geführt. Hier befinden sich eine offene Küche mit Essbereich, ein Hauswirtschaftsraum sowie Arbeitsräume zur Verwaltung und Ruhen. Verbindenes Element ist ein offener Dielenbereich, in dem primär die Produkte aus dem Garten gelagert und aufbereitet werdem können, der aber multifunktional nutzbar ist. Teil des Konzeptes sind zudem die Öffnung nach Norden zum Dorf, die Öffnung nach Süden zur Landschaft und zum Garten sowie die Reaktivierung des Hofes zwischen Wohnhaus und Scheune. Die Fassaden und das äußere Erscheinungsbild werden weitesgehend beibehalten. Dabei wird mit vorhandenen Materialien und Elementen weitergearbeitet. Die innere Holzkonstruktion, die das Dach trägt ist im unteren Teil stark beschädigt. Sie wird durch einen neuen Sockel untermauert, um die beschädigten Stützen zu ersetzen. Der untere Teil der Holzstützen wird also durch Mauerwerk ersetzt, um der Konstruktion auf diese Weise einen soliden Sockel zu geben und eine neue Ebene einziehen zu können, auf der sich die privateren Bereiche befinden werden. So ist das Erdgeschoss geprägt durch das Mauerwerk und im Obergeschoss bleibt die Holzkonstruktion sichtbar und prägt das Raumgefühl in den Wohnbereichen. Das Erdgeschoss wird gebildet durch ein System aus Kreuzstützen, die sich in das vorhandene Konstruktionsraster setzen.
Für die neue Konstruktion werden primär die Ziegel verwendet, die durch die neuen Öffnungen abgerissen werden, diese werden ergänzt mit neuen, dünnformatigen Ziegeln, um durch mehr Fugen eine etwas hellere Farbe zu bekommen und erkennbar zu machen, dass es neue und alte Ziegel gibt. Die Holzkonstruktion gliedert den Raum im Inneren in der Vertikalen durch das Quergebälk auf einer Höhe von 3.2m und in der Horizontalen in vier Bereiche (früher Dreschdiele, Bansenräume und Wagenremise). Auch diese Gliederung wird in der Raumaufteilung wiederaufgenommen. Die Produkte werden im Garten angebaut, in der Diele gelagert und verarbeitet und im hinteren Teil verkauft. Der Dorfbesucher kommt über die Zufahrt oder zu Fuß über die Schünemannredder zum Gebäude, kann sich die Ware in den Fensterbänken und dem offenen Verkaufsbereich anschauen und mitnehmen. Auf diese Weise bleibt der öffentliche Teil des Hauses auf der Nordseite.
Für den Bewohner gibt es einen Erschließungsbereich, einen gemeinsame offenen Küchen- und Essbereich mit Zugang zum privaten Hof und auf der anderen Seite mit Blick in die Felder. Weiter vorne zum Garten hin sind die privaten und ruhigeren Bereiche zum Arbeiten und Verwalten mit Blick über den Hofgarten. Das obere Geschoss ist im Wesentlichen geprägt und gegliedert durch die sichtbar belassene Holzkonstruktion und den durchgehenden Ziegelkern. Die privaten Bereiche sind durch Einbaumöbel bzw. Leichtbauwände, die sich behutsam in die Konstruktion eingliedern, voneinander getrennt.
Johanna Köhnlein