Refugium — Ein Rückzugsort in der Natur
Emely Arnold
Retreat auf altem Flugplatz
Der Entwurf setzt sich mit der Bauaufgabe auseinander, einen kontemplativen Rückzugs- und Erholungsort zu schaffen, der den Besuchern eine temporäre Auszeit aus ihrem meist leistungsgetriebenen Alltag ermöglicht. Auf einem seit Jahren stillgelegten DDR-Militärflugplatz entsteht ein Refugium, das baulich mit der außergewöhnlichen Szenerie der Natur interagiert und nicht zuletzt über seine Materialität Bezüge zwischen Nutzung und Historie des Standorts knüpft.
Für den Entwurf des Retreats wurde ein ausgefallener Projektort in Brandenburg ausgewählt. Der stillgelegte DDRMilitärflugplatz Löpten/Klein-Köris ist ein von der Natur zurückeroberter und von der Wildnis bestimmter Ort. Seine räumlichen Grenzen aus dichtem Kiefernwald fassen eine weite, nahezu ebene Fläche von etwa 80 Hektar Heide- und Kulturlandschaft. Lediglich am nördlichen und südlichen Ende zeugen versiegelte Flächen, verbunden durch eine schmale Achse entlang der nördlichen Waldkante von seiner historischen Nutzung. Das Areal birgt durch seine abgeschiedene Lage und seine unendlich erscheinende Weite eine stille Atmosphäre, welche es aufzugreifen und in eine angemessene Architektur zu übersetzen galt.
Die Kraft des Ortes, welche von der unberührten Natur ausgeht findet in diesem Entwurf Berücksichtigung, indem sich die Gesamtanlage perforiert in die Landschaft legt. Durch ein umfassendes Rahmenstabwerk aus verschieden weit gesetzten Betonstützen wird das vierteilige Gebäudeensemble gefasst und gleichzeitig eine stetige Konfrontation mit der Natur ermöglicht. Der Besucher durchläuft von Norden kommend eine Raumabfolge, welche verschiedene Privatheiten zulässt. Durch die gezielte Setzung von Rahmenstabwerk, Volumen und Gebäudeöffnungen werden bestimmte Atmosphären erzeugt: Die Nutzungen staffeln sich von einem Auftaktgebäude an der nördlichen Waldkante über einen ersten Vorplatz hin zu einem Foyer- und Bildungstrakt. Dieser umfasst sowohl Bibliothek, Speisesaal und Teehaus im Hochpunkt der Anlage, als auch einen pavillonartigen Seminarraum im Freibereich.
Der hieran angrenzende Garten eröffnet dem Besucher erstmals den Blick über die Weite des Gebiets und trägt den Charakter der Gemeinsamkeit sowie des sozialen und landschaftlichen Austauschs. Das mittig platzierte Wohngebäude dient als semi-privater Puffer, der dem Tagesbesucher verdeutlicht, dass der weitere Zutritt nur für langfristig untergebrachte Gäste gestattet ist. Über einem Multifunktionsatelier im Erdgeschoss befinden sich zwei Geschosse mit Einzel-Schlafkammern. In einem zweiten Freibereich, dem Meditationsgarten, wird die Aufmerksamkeit auf das Individuum gelenkt. Baulich drückt sich dies in einem zunehmend enger gesetzten Stabwerk, sowie dem Übergang in einen Meditations- und Yogaraum aus. Im Obergeschoss befindet sich mit dem Raum der Stille der besinnlichste Rückzugsort. Die mineralische Beschaffenheit der Fassade aus aufgeschlagenen Ziegeln erinnert an die Historie des Ortes. Eine im 19. Jahrhundert aktive Tonfabrik mit Ziegelei und Ringofen beeinflusste die Region maßgeblich und hinterließ nicht zuletzt den Tonsee unweit des Projektortes.
In einem zweischaligen Mauerwerk werden die Ziegel mit der bruchrauen Seite nach Außen gesetzt. Auch im Sinne der Eingliederung in das Entwurfsgebiet bieten die Ziegel der rauen Natur einen angemessenen Widerstand und schaffen durch ihre Haptik und ruhige, gleichmäßige Setzung eine geerdete und beruhigende Atmosphäre für die Gäste des Refugiums.
Emely Arnold