Pfarrzentrum St. Franziskus

Königs Architekten

fhp2008--Koenigs-Architekten--Pfarrkirche-St-Franziskus--hero

Monolith mit expressivem Innenleben

Der erste Preis geht an Königs Architekten, Köln für das Pfarrzentrum Str. Franziskus in Regensburg, die zugleich auch Sieger in der Kategorie „Öffentliche Bauten“ sind.

Die minimal anmutende Außenfassade des monolithisch aus Backstein gebauten Sakralbaus steht im kompletten Gegensatz zur expressiven Innenwelt. Der Backstein ist dabei das bindende Element. Der Innenraum selbst ist von dem perfekt geplanten und realisierten Mauerwerksbau geprägt, der die Tektonik des Backsteins als Baumaterial inbesondere durch gezielte Lichtführung eindrucksvoll nutzt.

„Die neue Pfarrkirche liegt unmittelbar am Ortseingang auf einem um wenige Meter erhöhten Plateau. Die Umgebung ist von der typischen Heterogenität eines ausfransenden Ortsrandes geprägt. Der gesamte Kirchengrund wird von einer Mauer eingefasst und schließt neben der neuen Kirche auch den Friedhof, die alte Kirche, das Wohnhaus des Pfarrers, das Pfarrheim und einen freistehenden Glockenturm ein. Nach Westen öffnet sich die Anlage mit einem Kirchvorplatz, der von den Nebengebäuden flankiert wird und auf das Hauptportal der Kirche ausgerichtet ist.

Das außenräumliche Konzept der Gesamtanlage und die ungefähre Ostung der Kirche folgen so einer typischen Anordnung wie sie häufig anzutreffen ist.Im Gegensatz dazu trägt die Außenform der Kirche kaum ty­­pische Erkennungsmerkmale. Die schlichte äußere Recht­eckform in Grund- und Aufriss macht sich lediglich durch den beschriebenen außenräumlichen Kontext und vielleicht noch durch ihre ungewöhnliche Masse mit einer atypischen Fens­teranordnung bemerkbar.

Nach dem Durchschreiten der Vorhalle, die durch die großflächige Verglasung und ihre Proportion eher dem Außenraum zugehörig erscheint, betritt der Besucher über eine niedrige Raumschleuse den Kircheninnenraum. Hier trifft er auf eine völlig andersartigen Raumgeometrie und Lichtführung, als er es über seine außenräumliche Wahrnehmung hätte erwarten können. Weiche, nicht-geometrische Raumkonturen, vertikal sich diskontinuierlich neigende Wände mit unterschiedlichen Öffnungen und ein tageslichtheller, diffuser Lichteinfall über einen ellipsoiden Dachausschnitt bestimmen den Raumeindruck. Lediglich das Baumaterial, der weißgrün geschlämmte Backstein hat sich von Außen nach Innen unterschiedslos fortgesetzt.

Dieser Spannungsbogen zwischen der profanen Außenerscheinung und dem sakralen Innenraum, zusammengehalten durch den monochromen Einsatz des Baumaterials Backstein, bildet die Konzeption des Bauwerks. Den Hintergrund dieser Konzeption bildet die Transzendenzerfahrung, das wohl wichtigste Motiv des katholischen Kirchenbaus seit Jahrhunderten.

In der Folge der unterschiedlichen Raumvolumina von Innen und Außen ergibt sich ein Zwischenraum, der als Masse in Erscheinung tritt. Nebenräume oder konchenartige Seitenräume sind wiederum als autonome Volumen in diese Masse eingeschnitten. Die von außen erkennbaren Fensteröffnungen führen zu diesen Zwischenräumen, in Anordnung und Größe folgen sie der individuellen Form- und Funktionsgebung.

Diese Fenster sind von Hauptkirchenraum aus nicht direkt sichtbar. Hier fällt das Tageslicht über den Filter einer trans­luzenten Membran über den Dachraum ein. Die Membran besteht aus einem Teflongewebe, welches in Bahnen vernäht frei über den ellipsoiden Deckenrand gespannt wird. Darüber befindet sich mit drei Meter Abstand eine Stahlkonstruktion die als Sheddach in Querrichtung über die gesamte Rechteckform des Baukörpers spannt.

Geschlossene Paneelflächen wechseln sich ab mit mattierten Glasfeldern und Klarglasflächen. Außerhalb der Ellipse sind die Vertikalen geschlossen und die Schrägen verglast, unmittelbar über der Membran ist es umgekehrt. Je nach Sonnenstand ergibt sich durch die Ost-West-Ausrichtung der Sheds so eine im Tages- und Jahresverlauf wechselnde Lichtwirkung. Der Grad der Transluzenz der Membran lässt die Erkennbarkeit des Daches nicht zu. Man kann weder von Innen, noch von Außen die Konstruktion nachvollziehen. Nur deren Effekt, ein immaterielles Licht- und Schattenspiel bleibt als Abbildung auf der Membran erlebbar. Die Beleuchtungs- und Beschallungsanlage ist in den Dachraum für den Besucher unsichtbar integriert. So bleibt der eigentliche Kirchenraum mit seiner geheimnisvollen Lichtführung ein Ort meditativer Ruhe mit Konzentration auf das Wesentliche. Dieses Motiv, die Öffnung zum Himmel ist seit Jahrhunderten elementarer Bestandteil von Kirchenbauten, der hier eine neue, zeitgemäße Interpretation erfährt.

Dem immateriellen Dach ist eine bewusst materialbezogene Wand- und Bodenstruktur entgegengesetzt. Die erdschwere monolithische Masse erscheint im Inneren wie ausgehöhlt.
Die Wahl des Backsteins als Baumaterial erklärt sich aus dem Wunsch nach Maßstäblichkeit und der tektonischen Oberflächenqualität. Der komplizierte Geometrieverlauf und die materialimmanente Tektonik verursacht eine bereichernde Bin­nendifferenzierung der monolithischen Konstruktion.

Der Boden wurde mit grünlich-schwarzem Schiefer spaltrauh belegt. Die schlichten Kirchenbänke in stabverleimter Buche folgen dem Geometrieverlauf des Kirchenraumes und unterstützen die Bewegung im Raum. Die Form, das Material und die Konstruktion sind in den Dienst einer konzeptionell übergeordneten Schichtung gestellt, die auf das Wesentliche im Kirchenbau abzielt: die Schaffung eines Heiligen Ortes zur Versammlung der Gemeinde und zur Verkündigung der Botschaft des Glaubens.“


Königs Architekten, Köln  

City
Regensburg, Deutschland
Client
Kath. Kirchenstiftung St. Franziskus
Plot size
1.386 m²
Construction time
2000 – 2004
Construction costs
5,8 Mio. EURO