Der Rotermann
KOKO architects
Der Roterman
Das Rotermannviertel befindet sich an einem historisch wichtigen Ort im Zentrum von Tallinn – zwischen der Altstadt, dem Hafen und dem Viru-Platz. Am Viru-Platz kreuzten sich bereits im 19. Jahrhundert die Straßen nach Tartu, Narva und Pärnu, wodurch er immer schon als Tallinns offizieller Mittelpunkt gilt. Das Rotermannviertel ist fast genauso reich an historischen Gebäuden wie die Altstadt. Mit Christian Abraham Rotermann, dem Eigentümer des 1829 gegründeten Unternehmens Rotermann Factories begann die Entwicklung des kompakten Industriebezirks. Die Industrie und der Handel haben in dem Viertel sowohl gute als auch schlechte Zeiten erlebt. In den Jahren der Sowjets blieben die Gebäude sich selbst überlassen und während der unsicheren Jahre, die folgten, wurden die Gebäude so baufällig, dass eine Renovierung unmöglich erschien. Im Jahr 1979 diente das verfallene Viertel als Kulisse für Andrei Tarkovskys weltberühmten Spielfilm „Stalker“. Die Denkmalschutzbehörde hat dem Rotermannviertel im Jahr 2001 das Prädikat „historisch wertvoll“ verliehen und somit bilden die historischen Industriegebäude, die eine neue Nutzung erhalten haben, einen interessanten Gegenpol zur zeitgenössischen Architektur, die im Laufe der Jahre im Viertel entstanden ist.
Das historische Verwaltungsgebäude vor dem Getreidespeicher (Rotermanni 2) beherbergt ein Restaurant. Das Dach des Gebäudes wurde um einen Meter angehoben und scheint dadurch zu schweben. Ziel war es, natürliches Tageslicht ins Gebäude zu bringen und dadurch auch das zweite Obergeschoss nutzen zu können.
Eines der spektakulärsten Gebäude im Rotermannviertel, der Getreidespeicher an der Hobujaama-Straße, wurde 1904 fertiggestellt. Das schmale Gebäude ist über 100 Meter lang. Die längeren Seiten haben keine Fenster, stattdessen wird die Gebäudefassade durch Metallbänder akzentuiert, die zur Verstärkung der Mauer dienen. Die Fassade ist mit Metallakzenten übersät, wie ein praktischer alter Mantel mit unzähligen Knöpfen. Die Bänder dienten zur Verstärkung der Außenwände, sodass diese auch einer Ausdehnung des Getreides standhielten.
Da die Wände der Innenstraße Öffnungen aufweist, die in verschiedenen Zeiträumen zugemauert wurden, sind im Erdgeschoss des Gebäudes Geschäftsräume untergebracht. Im Inneren blieben die alten Getreidetrichter erhalten, die nun eindrucksvoll von der Decke hängen. Eine Arkade, die den mittleren Gebäudebereich im Erdgeschoss durchquert, teilt den Raum und bildet den Zugang zur Innenstraße, die ins Zentrum des Viertels führt. In den Geschossen ohne Fenster sind Tanzstudios eingerichtet und im Dachgeschoss sind Büroräume untergebracht, die von den Dachfenstern aus das Viertel und die Altstadt überblicken.
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