Kornversuchsspeicher
AFF Architekten

Ein Denkmal der Backstein- und Betonbautechnik
Berliner Geschichte trifft auf Berliner Gegenwart: Als einziges erhaltenes Bestandsgebäude in der nördlichen Europacity erinnert der denkmalgeschützte, sechsstöckige Backsteinbau mit seinem Stahlbetonskelett an die Industrie-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Berlins. Auf dem ehemaligen Lehrter Güterbahnhofsareal, direkt am Berlin- Spandauer-Schifffahrtskanal, stellt das markante hellrote Klinkergebäude mit drei Bauteilen ein weithin sichtbares Wahrzeichen dar.
Das Baudenkmal wurde Ende des 19. Jahrhunderts als fünfgeschossiger Speicher errichtet, um für die rasant wachsende Bevölkerung neue Möglichkeiten der Getreidelagerung zu erforschen. Der mittige Gebäudeteil (BT1) wurde im Blockverband gemauert und mit einer inneren Holzkonstruktion versehen, die im Zuge der ersten Erweiterung (BT2) in den Jahren 1915/16 durch Stahlbeton ersetzt wurde. Die Seltenheit der Trichterspeicherdecken und der frühe Einsatz der Stahlbetonskelettbauweise machen das Bauwerk zu einem wichtigen Zeugen der Betonbautechnik in Deutschland. Ziel der umfangreichen Sanierung und Transformation durch AFF Architekten in den Jahren 2018-2023 war es, den KVS über eine Sequenz raumbildender Interventionen behutsam in eine zeitgemäße Nutzung mit modernen Büroflächen und öffentlichen Bereichen zu überführen. Intervention 1 > Dachgeschossaufbau Historische Aufnahmen überlieferten einen ursprünglich vorhandenen Dachgeschossaufbau, worin die neue Dachaufstockung ihre denkmalpflegerische Rechtfertigung findet. Der Aufbau ist an die bauzeitliche Speicherform angelehnt und führt die massiv gemauerte Klinkerfassade des Bestands im Mauerwerksverband weiter. Die Fassaden des Aufbaus mit den davorliegenden Brüstungen erhielten eine reliefartige Fügung, erzeugt durch Rücksprünge des Klinkermauerwerks. So werden die Höhe und Dachform des Gebäudes vor der Intervention subtil ablesbar. Zwei Dachterrassen an den Längsseiten ermöglichen über großformatige Schiebetüren eine Öffnung nach Osten und Westen und einen Ausblick über die Europacity bis zum Fernsehturm. Der neue Aufbau wurde monochrom ausgeführt, Türrahmen und Terrassenboden erhielten ihre Farbigkeit abgeleitet vom Klinkerton. Intervention 2 > Fassadensanierung und Herstellung großformatiger Öffnungen Die historische Klinkerfassade wurde aufgearbeitet, gereinigt und an Fehlstellen ergänzt. Die Außenwände wurden innenseitig mit Silikatplatten gedämmt und die Speicherfenster nach historischem Vorbild in Abstimmung mit der Denkmalpflege erneuert. Durch jahrzehntelangen Leerstand war eine aufwendige Sanierung der Betontragstruktur im Inneren sowie an der Fassade des Erweiterungsbaus nötig. Punktuell wurden Ausfachungen durch großformatige Verglasungen ersetzt. Die denkmalpflegerische Zielstellung ermöglichte zudem die Anordnung von großformatigen Balkonen an der nördlichen Stirnseite. Intervention 3/4 > Teilrückbau Schüttendecken und Einbau Versorgungsspange Im Inneren wurden großzügige Raumhöhen und eine eindrucksvolle Deckenuntersicht ermöglicht. Hierfür wurden Teilbereiche der Bestandsdecken im BT2 herausgeschnitten, um nutzbare Geschosshöhen zu schaffen. Eingestellte Galerieebenen aus Stahl zonieren den Raum und erzeugen qualitätsvolle Arbeitsbereiche auf zwei Ebenen. Ein neuer Erschließungskern mit Treppenhaus, Aufzug, Sanitär- und Technikräumen wurde zwischen den beiden Gebäudeteilen positioniert. Mit horizontaler Schalung wird die Mauerwerksfügung in Stahlbeton übersetzt.
AFF Architekten