Höchste Zeit, wieder über Schönheit zu reden.

Oft sind es Backsteingebäude und -ensembles, die den Charakter eines Stadtteils, eines Platzes oder einer Siedlung prägen. Und, so paradox es klingt, häufig atmen gerade diese Orte Geschichte, Gegenwart und Zukunft zugleich. Der Backstein schafft unangestrengt, was an anderer Stelle mit ungleich mehr Aufwand gelingt: Zeitlosigkeit, also ästhetische Nachhaltigkeit herzustellen.

Ästhetische Nachhaltigkeit in Neubauquartier

Mitten in Berlin, zwischen Wedding, Moabit und Mitte, lag lange Zeit eine Industriebrache. Heute entsteht hier die Europacity, ein neuer Stadtteil mit hochgesteckten Zielen von Nutzungsvielfalt bis Nachhaltigkeit. Zwei Gebäude stechen als Leuchtturmprojekte mit einer Auszeichnung beim Erich-Mendelsohn-Preis 2023 für Backstein-Architektur hervor.

Direkt am Berlin-Spandauer-Schifffahrtskanal gelegen schlägt der sanierte Kornversuchsspeicher eine Brücke zwischen Lehrter Güterbahnhof und Europacity.

Rundbogen trifft Fischgrät

Im präzisen Fischgrätverband legt sich der Backstein um den an friesische Gulfhäuser erinnernden Neubau. Die regionaltypische Fassade rahmt und betont die kreisrunden Öffnungen, die von Torbögen der chinesischen Kultur inspiriert sind, welche traditionell mit dem Vollmond in Verbindung gebracht werden. Vielleicht ist es die Kombination dieser unterschiedlichen Bezüge, die dem Haus am Deich seinen zeitlosen Zauber verleiht. Architekt Thomas Kröger beschreibt in seinem Gastbeitrag die Handwerkskunst und interdisziplinäre Teamarbeit, die in dem Gebäude stecken.

Haus am Deich | Thomas Kröger | Einreichung im Rahmen des Fritz-Höger-Preises 2020

Eine Fassade wie ein Vorhang

„Der etymologische Ursprung der Wand liegt im Textilen und in der Weberei. Wand wie Gewand als Umhüllung“, weiß der Kluge, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Ein Gastbeitrag von Roland Bondzio von behet bondzio lin architekten über Fassadengestaltung mit Backstein.

Neubau Verwaltungsgebäude Textilverband in Münster

Alte Baukunst neu entdeckt

Baumeister aus alten Zeiten bringen uns mit ihrer sprichwörtlichen Liebe zum Detail immer wieder zum Staunen. Backsteine bieten den Bauherren auch heute noch die Möglichkeit, ihrem Haus einen ganz besonderen Charakter zu geben.

Als Baustoff, der nie aus der Mode kommt, verbindet Backstein gekonnt Alt und Neu. Ausbildungszentrum PROLIN von WEBERWÜRSCHINGER Architekten (Einreichung im Rahmen des Fritz-Höger-Preises 2014 für Backstein-Architektur).

Die Renaissance des Ornaments

Zu verspielt, kitschig und altbacken. Das Ornament musste lange Zeit einiges aushalten. Heute kehrt es zurück, steht authentisch und unaufdringlich für die architektonische Vielfalt und setzt selbstbewusste Statements – besonders, wenn es mit Backstein realisiert ist.

Ornamente erleben eine neue Renaissance in der Architektur, der Baustoff Backstein eignet sich perfekt dafür. Terracotta-Atelier von Tropical Space (Einreichung im Rahmen des Fritz-Höger-Preises für Backstein-Architektur 2017).

Von der Lochfassade bis zur expessionistischen Skulptur – alles ist heute möglich

Raster und Lochfassaden, perforierte Mauern, übergroßer Farbenreichtum, Reliefe, Ornamente und Zierelemente: Die ästhetische Vielfalt beim Bauen mit Backstein ist so ausgeprägt wie nie zuvor. Der Baustoff hat sich neu erfunden. Und er verleiht Gebäuden ein ebenso zeitgemäßes wie aufregendes Gewand.

Das Stadthaus in Rosario/Argentinien von Diego Arraigade Arquitectos besticht mit seiner durchbrochenen Fassade (Einreichung im Rahmen des Fritz-Höger-Preises für Backstein-Architektur 2017).

Ort zum Verweilen und Wohlfühlen

Ob als pure Steinmauer, als Reliefierung oder verwunschen mit Grün bewachsen – Gartenmauern sehen immer gut aus.

Der schützende Hingucker der Villa in Hamburg von Dibelius Architekten nimmt zugleich einen reizvollen Bezug zur Fassade auf (Einreichung im Rahmen des Fritz-Höger-Preises für Backstein-Architektur 2014).

Farbe, Verband, Format – gestalten mit Backstein

Backsteinfassaden lassen sich vielfältig gestalten. Über die Jahrhunderte entstanden regional unterschiedliche Vermauerungsarten.

Die Kombinationsmöglichkeiten sind nahezu unendlich. Damit ist Backstein ein echter Gestaltungskünstler wie das Stadthaus Neu-Ulm von Fink+Jocher Architekten zeigt (Einreichung im Rahmen des Fritz-Höger-Preises für Backstein-Architektur 2011).

Mehr Wohnlichkeit mit Backstein

Backstein, beliebt als langlebiger Fassadenstein, setzt auch im Innenbereich besondere Akzente. Details wie gemauerte Nischen, Raumteiler und Vorsprünge sind besondere Hingucker. Gemütlich und warm für die kalte Jahreszeit: ein gemauerter Kamin.

Backstein brennt nicht, sondern wird gebrannt. Er ist damit der ideale Baustoff für gemauerte Kamine. Waldhaus von Hilberink Bosch Architekten (Einreichung im Rahmen des Fritz-Höger-Preises für Backstein-Architektur 2011).
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