Ein Material, das verbindet
Franziska Käuferle (36) hat gemeinsam mit Sina Pauline Riedlinger (33) in der Kategorie Newcomer beim Preis für Backstein-Architektur 2020 Gold gewonnen. Dieses Jahr wird sie im Sommer als Teil der Newcomer-Jury des Erich-Mendelsohn-Preises 2023 für Backstein-Architektur ihre Nachfolge küren. Im Interview berichtet sie nicht nur von ihrer Teilnahme beim Preis, sondern auch, wie sie zur Baukeramik kam, und warum sie das Thema seitdem nicht mehr loslässt.
Frau Käuferle, wie ging es nach 2020 für Sie weiter?
Seit dem Abschluss unserer Masterarbeit 2018, mit der wir uns auch für den Preis beworben haben, habe ich mein eigenes Architekturbüro gegründet, das unter anderem einen Schwerpunkt auf Baukeramik legt. Ich arbeite an eigenen Projekten, entwickle aber auch für andere Architekturbüros baukeramische Konzepte und Produkte für deren Projekte. Allgemein arbeite ich sehr gerne in Kooperationen, unter anderem mit der Gruppe 030, was tolle Synergien schafft.
Wieso die Spezialisierung auf Baukeramik?
Ton und Glasuren sind spannende Werkstoffe. Durch die zunächst weiche Form des Tons sind vom klassischen Stein bis hin zur ornamentalen Baukeramik unzählige Gestaltungsmöglichkeiten gegeben. Durch Glasuren kommt zudem die Option einer dauerhaften farblichen Gestaltung mit ins Spiel. Wenn man beginnt, sich mit dem Themenbereich Baukeramik zu beschäftigen, stellt man sehr bald fest, dass die Möglichkeiten unerschöpflich sind und man sich in einem faszinierenden, kontinuierlichen Lernprozess befindet.
Was macht Ihnen am meisten Spaß bei der Arbeit?
Für mich ist besonders interessant, zusammen mit Handwerkern, Fachplanern oder Firmen den Rahmen für Projekte oder Details auszuloten – das kann von zur Verfügung stehenden Maschinen, den Kosten bis hin zu den Materialeigenschaften erst einmal alles betreffen – und dann innerhalb dieses Rahmens die gestalterischen Potenziale herauszuarbeiten. Es macht mir aber auch viel Freude, in der Lehre tätig zu sein. Vor meiner Masterarbeit habe ich in einem Büro gearbeitet, bei dem die drei Gründer Professoren sind. Dort habe ich die Vorteile der Kombination von Praxis und Lehre kennengelernt. Im vergangenen Sommer konnte ich gemeinsam mit Stefano D’Elia in einem Summer-School-Kurs zu Farbglasuren an der Bauhaus-Universität in Weimar lehren. Die Studierenden haben eigene Glasurrezepte entwickelt und erlernt, wie sich unterschiedliche Rohstoffe in Glasuren auf deren Farbe oder Oberfläche auswirken können. Dabei ist eine vielfältige und interessante Produktpalette entstanden.
Wo waren Ihre ersten Berührungspunkte mit dem Material, und wie ging es dann weiter?
Während meiner Zeit beim Berliner Büro Bruno Fioretti Marquez konnte ich an einem Wohnungsbau Projekt mitwirken, beim dem eine besondere Farbglasur mit Krakelee-Effekt in der Fassade zum Einsatz kam. Auch Sina Pauline Riedlinger war damals bereits in einem Büro tätig, das für seine Backsteinprojekte bekannt ist. Diese Erfahrungen waren für uns beide die initialen Impulse und haben unser Interesse für die Baukeramik geweckt. Die Zeit unserer Masterarbeit wollten wir daher nutzen, uns tiefer mit der Materie zu beschäftigen. Heraus kam eine umfangreiche Materialstudie zu Ton und Glasuren und der Entwurf für einen fiktiven Firmensitz eines Baukeramikunternehmens.
Der Geschäftsführer des realen Unternehmens hat sich mit uns auf das Experiment eingelassen und hat den Prozess begleitet. Gemeinsam haben wir nicht nur das Raumprogramm entwickelt, sondern er hat uns auch viel über Ton, Glasuren, Brenntemperaturen und Techniken beigebracht. Während unserer Masterarbeit haben wir allgemein bemerkt, wie viel Freude es macht, in diesem vielfältigen Bereich zu arbeiten. Jeder, mit dem wir damals zusammengearbeitet haben, und jeder, mit dem ich es heute in der Selbstständigkeit tue, hat Freude und großes Interesse an der Arbeit mit dem Material. So ist es möglich, besondere Projekte zu entwickeln und umzusetzen. Die Stimmung ist dabei immer gemeinschaftlich und unterstützend. Man kommt dabei auch mit vielen unterschiedlichen Disziplinen zusammen. Während unserer Masterarbeit konnten wir zum Beispiel im BBK (Berufsverband Bildender Künstler*innen) in Berlin unsere Proben brennen und das Institut für Angewandte Geochemie der TU Berlin hat uns Materialien und seine Maschinen zur Aufbereitung zur Verfügung gestellt. Die Baukeramik ist ein Bereich, der diverse Fachbereiche verbindet.
Wie kam es dazu, dass Sie sich mit Ihrer Arbeit beim Preis für Backstein-Architektur beworben haben?
Der Preis war uns natürlich ein Begriff. Sowohl Fritz Höger – als jetzt auch Erich Mendelsohn – sind Namen, die jeder kennt, der sich mit Backstein-Architektur beschäftigt. Es ist immer ein Schritt, mit der eigenen Arbeit nach draußen zu gehen. Wir wurden allerdings immer von unserer Professorin ermutigt und bestärkt.
Woran erinnern Sie sich heute, wenn Sie an Ihre Teilnahme und Sieg denken?
Für uns war das eine besondere Erfahrung und wir haben uns sehr gefreut. Leider fiel der Preis in eine strenge Lockdown-Phase, daher konnten Sina und ich uns nicht einmal treffen und zusammen anstoßen. Wir haben uns deshalb umso mehr darüber gefreut, wie toll der Preis medial aufbereitet war. Durch die Publikationen und Ausstellung hat unser Projekt eine große Reichweite erlangt und Freunde und Firmen, mit denen wir in unterschiedlichen Kontexten zusammenarbeiten, haben uns gratuliert und sich mit uns gefreut. Zudem wird man in einer Reihe mit den anderen Preisträgern und deren großartigen Projekten aufgenommen. Gerade wenn man von der Uni kommt und vielleicht noch kein eigenes Gebäude gebaut hat, ist das ein besonderer Moment. Es öffnet einem Türen und bestärkt einen natürlich auch in der eigenen Arbeit.
Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf die anstehende Jury-Teilnahme?
Ich freue mich sehr auf die Jurytätigkeit. Es ist tatsächlich auch die erste Jury-Sitzung, an der ich teilnehmen kann. Sonst erlebt man das bei Architekturwettbewerben eher von der anderen Seite, als Teilnehmerin. Ich hoffe, dass viele mutig sind und zahlreiche Einreichungen kommen werden. Ich habe das Gefühl, in den letzten Jahren haben Ton, Keramik, Porzellan und auch Glas eine neue Aufmerksamkeit bekommen. Ich bin gespannt, ob auch davon mehr zu sehen sein wird.