Casa Rossa Chemnitz
bodensteiner fest
Charme der Gründerzeit
Jahrhundertwende und moderne Standards gehen eine zukunftsweisende Allianz ein. Im freigelegten Backsteinkleid sind nach einer respektvollen Sanierung großzügige Wohneinheiten entstanden.
Fast 30 Jahre stand das Gründerzeitgebäude Gießerstraße 41 leer. Während die Umgebung nach und nach saniert wurde und sich der Chemnitzer Sonnenberg zum beliebten Quartier entwickelte, wurde das Dach undicht, die Holzdecken brachen ein und der Farn wuchs im Gebäude. Die Anstrengungen der Stadt Chemnitz, das in privatem Besitz befindliche Gebäude wiederzubeleben, verliefen jahrelang im Sande. Erst die Zwangsversteigerung ermöglichte die Rettung des Gebäudes, kurz bevor es dafür zu spät war. Aufgrund des maroden Zustands war es zunächst erforderlich, die Standsicherheit wiederherzustellen und die Bausubstanz zu sichern. Die alten Holzdecken wurden schachbrettartig raumweise gegen Ziegel-Einhangdecken ausgetauscht, das Dach gegen Einsturz gesichert. Im Zuge des Deckenaustauschs wurden die früheren, vom Zwischenpodest des Treppenhauses zugänglichen Toiletten den Bädern der Wohnungen zugeordnet und ihre Decken auf das Niveau der Wohnungen angehoben. Liegt man nun in der hier eingelassenen Badewanne, geht der Blick durch ein raumhohes Fenster in die Baumkrone des Ahorns im Garten.
Im Kontrast zu den minimalistischen neuen Elementen wurden die Ziegelwände des Treppenhauses sowie Wände ausgewählter Bereiche in den Wohnungen behutsam vom Putz befreit, mit recycelten Originalziegeln ergänzt und hell lasiert. Dasselbe Prinzip bestimmt auch das Erscheinungsbild der Fassade: Akkurate Faschen verstecken die Fensterrahmen und fassen die schmalen Fensterflügel. Sie stehen im Kontrast zur ruppigen Ziegelfassade mit all ihren Unregelmäßigkeiten und den sichtbar belassenen Blessuren des zurückliegenden Jahrhunderts. Das Dach wurde komplett abgetragen und unter Wiederverwendung von Abbruchziegeln neu aufgebaut. Durch Aufklappen der hofseitigen Dachseite wurde zusätzlicher Wohnraum geschaffen, der sich auf eine großzügige Dachterrasse mit Schiebetüranlage orientiert.
Die Architekten interessierte, mit welchen einfachen Mitteln es m glich ist, die Bausubstanz weitestgehend beizubehalten oder wiederzuverwenden, ihre Qualitäten herauszuarbeiten und dennoch das Gebäude in die heutige Zeit zu versetzen. Die Einsparung grauer Energie/CO2 war dabei ebenso Leitgedanke, wie das Erhalten und Herausarbeiten der vorgefundenen baukulturellen Qualitäten. Die nachhaltigen Materialien Ziegel, Eiche, Schwarzstahl und Glas sind naturbelassen, geölt oder lasiert und bleiben in ihrer Materialität spürbar. Das mit Solarthermie unterstützte Energiekonzept sorgt – gemeinsam mit einer gut gedämmten Gebäudehülle – für eine ausgezeichnete Energiebilanz, die der eines Neubaus entspricht und den Standard KfW-Effizienzhaus 100 erreicht.
Unterteilbare Raumgrößen von bis zu 55 Quadratmetern und Original-Deckenhöhen von drei Metern bestimmen das Raumgefühl in den neuen Wohnungen. In Kombination mit den freigelegten Ziegeln entsteht ein transformiertes Gebäude, das vom Flair des Unperfekten gleichermaßen wie von der minimalistischen Ästhetik lebt.
bodensteiner fest Architekten