Stadtbibliothek Heidenheim
Max Dudler
RAUM FÜR WORTE
Der Bibliotheksneubau in Heidenheim schafft eine Brücke zwischen der kleinteiligen Bebauung der Innenstadt und der historischen Altstadt. Die Klinkerfassade nimmt Bezug auf die Umgebung und betont die analoge, haptische Funktion des Baus.
Die Innenstadt Heidenheims ist durch eine Nachkriegsarchitektur geprägt, die sich in ihrer Erscheinung deutlich von der historischen Bebauung der Altstadt unterscheidet. Max Dudlers Bibliotheksneubau besetzt das bislang unzugängliche Grundstück einer ehemaligen Strafvollzugsanstalt, das die Trennung zwischen der kleinteiligen Bebauung im Osten und der Altstadt bisher manifestierte. Die neue Stadtbibliothek nimmt die umliegenden Maßstäbe auf und verbindet die gebauten Zeitschichten Heidenheims in einer städtischen Figur. Aus der Transformation der gewachsenen Stadt entsteht ein skulpturaler Baukörper, der sich als die Abstraktion einer Stadtsilhouette präsentiert. Die städtebauliche Setzung und Ausformulierung des neuen Stadtbausteins beziehen sich direkt auf die innerstädtisch vorhandenen Typologien: Gasse, Platz und Promenade. Mit der neuen städtischen Promenade auf der Ostseite verbindet der Neubau den zentralen Omnibusbahnhof im Norden mit dem südlicher gelegenen Rathaus.
LEBENDIG WIRKENDES MAUERWERK
Bewusst heben sich die großformatigen Fenster von der kleinteilig gegliederten Architektur der Umgebung ab. Mit den tief eingeschnittenen Laibungen inszenieren sie den Blick in den Stadtraum und wechseln mit fein perforierten Wandflächen, die im Innenraum ein angenehmes gefiltertes Tageslicht erzeugen. Als Fassadenmaterial wurde ein hellbeiges Ziegelmauerwerk gewählt, dessen Farbigkeit Bezug auf das Wahrzeichen Heidenheims, das über dem Zentrum der Stadt thronende Schloss Hellenstein, nimmt. Durch die Verwendung von handwerklich hergestellten Wasserstrichklinkern entsteht auf der Fassade ein Spiel aus helleren und dunkleren Farbschattierungen. Diese Lebendigkeit des Mauerwerks wird durch die unregelmäßige Form der Klinker unterstützt. Mit ihrer reliefartigen Oberflächentextur wirken die großen geschlossenen Ziegelwandflächen in ihrem Maßstab fast zurückhaltend. Neben seiner Rolle als Stadtbibliothek bietet das Gebäude ein multifunktionales Raumprogramm mit Gastronomie in Form eines integrativen Cafés, einem Veranstaltungssaal, einem öffentlichen Medienzentrum sowie dem Stadtarchiv. Am neu gestalteten Vorplatz gelegen, lädt der großzügig nach außen geöffnete Haupteingang in das über die volle Gebäudehöhe führende Foyer ein.
SPANNUNGSVOLLE RAUMFOLGE
Die verschiedenen Funktionen sind vom Eingangsfoyer aus sofort ersichtlich. Von dort führt der Weg zum großen, für circa 160 Zuschauer ausgelegten Veranstaltungsraum und ins Kreismedienzentrum ebenso wie auf den Marktplatz der Bibliothek, der den Lesebereich, die Infotheke und die Ausleihe beherbergt. Vom Marktplatz führt eine großzügige Freitreppe zum Non-Book-Bereich der Bibliothek im ersten Obergeschoss, der der wachsenden Nachfrage nach neuen Medien gerecht wird. Die Treppe führt weiter zur sogenannten Promenade im zweiten Obergeschoss. Die Promenade, die entlang eines 110 Meter langen Bücherregals verläuft, verbindet alle fünf überhöht ausgebildeten Lesesäle. Die Sequenz aus hohen Bibliothekssälen und niedrigen Kabinetten erzeugt eine spannungsvolle Raumfolge, die durch die durchgängige Promenade mit einem Blick erlebbar wird und die formgebende, markante Skyline-Silhouette des Gebäudes bildet.
Alle Möbel und Einbauten im Innenraum wurden von Max Dudler eigens für die Bibliothek entwickelt. Als Bühne für die bunten Buchrücken ist die Einrichtung vollständig in Weiß gehalten. Das honigfarbene Eichenfurnier am Mobiliar und das hellgraue Betonterrazzo setzen Akzente.
Max Dudler